Indeed / OECD Home-Office Studie
Die Corona-Pandemie hat zu einer weltweiten Akzeptanz und Ausbreitung von Homeoffice in Unternehmen geführt. Ein Trend, der offenbar die Pandemie überdauern wird, wie eine gemeinsame Studie der OECD und der Jobseite Indeed zeigt. Demnach ist der Anteil in den meisten Ländern der Staatengemeinschaft (mit Ausnahmen) deutlich in die Höhe geschnellt. Insbesondere dort, wo die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie besonders streng waren. Doch auch nach Lockerungen dieser wurde ein vielfach prognostizierter Rückgang kaum Realität – im Gegenteil.
- OECD und Indeed untersuchen die Entwicklung von Homeoffice-Arbeit in 20 Ländern der Organisation
- Anteil der Stellenanzeigen mit Homeoffice-Option hat sich seit Beginn der Pandemie fast verdreifacht
- Die Entwicklung der Homeoffice-Stellen variiert stark: Während es in Japan kaum Veränderungen gab, stieg der Anteil in der Schweiz um sieben Prozent
- Lockerungen der Corona-Beschränkungen im Frühjahr 2021 haben kaum zu einem Rückgang beim Homeoffice geführt
Insgesamt hat sich der durchschnittliche Homeoffice-Anteil in den 20 untersuchten OECD-Staaten seit Beginn der Pandemie mehr als verdreifacht: Führten im Januar 2020 knapp 2,5 Prozent der Stellenanzeigen diese Option auf, waren es im April 2021 bereits 7,9 Prozent. Dieser Anstieg war zum großen Teil auf pandemiebedingte Einschränkungen zurückzuführen, die zu einer hohen Akzeptanz von Homeoffice führten – in den Jobs, die gut von zu Hause aus erledigt werden können. Trotz Lockerungen der Maßnahmen blieb der durchschnittliche Anteil der Homeoffice-Anzeigen mit 7,5 Prozent im September 2021 annähernd auf seinem Höchstwert. In der Schweiz betrug er zu diesem Zeitpunkt 7,08 Prozent und liegt aktuell bei 7,2 Prozent.
Die unterschiedliche Homeoffice-Fähigkeit von Berufen
Seit Beginn der Pandemie stieg die Zahl der Stellenanzeigen mit Homeoffice-Option in fast allen Berufsgruppen an – besonders stark jedoch bei fachspezifischen Dienstleistungen. Beispielsweise erhöhte sich der durchschnittliche Anteil von Homeoffice-Anzeigen in Softwareentwicklung, Marketing und Informationsdesign um elf Prozentpunkte – aber um nicht einmal einen Prozentpunkte in Lebensmittelherstellung, Einzelhandel, Transport, und Produktion.
Der Hauptgrund für diese Unterschiede: Homeoffice ist in diversen Bereichen nicht realisierbar, doch auch die mangelnde digitale Infrastruktur ist häufiger ein Hindernis bei der Umsetzung. Der Analyse zufolge hat sich die Lücke zwischen Berufen mit hoher Homeoffice-Tauglichkeit (z. B. Softwareentwicklung oder Marketing) und Berufen mit mittlerer oder geringer Homeoffice-Tauglichkeit (z. B. Lebensmittelherstellung oder Fahrdienst) während der Pandemie mehr als verdreifacht. Wie unterschiedlich die Möglichkeiten sind, zeigen Berechnungen der Wissenschaftler Dingel & Neiman, welche die Homeoffice-Tauglichkeit verschiedener Berufe berechneten (bezogen auf den US-amerikanischen Arbeitsmarkt):
Pandemiebedingte Mobilitätseinschränkungen als Katalysator für Homeoffice
Die Studie der OECD und Indeed belegt zudem anhand des Oxford Stringency-Index, dass die Mobilitätseinschränkungen im Zuge der Pandemie in vielen Staaten als Katalysator für Homeoffice wirkten. Der Index misst auf einer Skala von 0 bis 100, wie weitreichend die Corona-Schutzmaßnahmen in verschiedenen Staaten sind. Veränderte sich dieser im Durchschnitt um 15 Punkte, wandelte sich in den folgenden fünf Monaten auch der Anteil der Homeoffice-Stellen um 0,5 Prozentpunkte – im Positiven wie im Negativen.
Ein weiterer Faktor für eine stabile Homeoffice-Entwicklung ist der Studie zufolge der Grad der Internetverfügbarkeit. In Italien, wo diese bspw. relativ gering ist, stieg der Anteil der Homeoffice von Januar 2020 bis April 2021 um mehr als zehn Prozentpunkte. Nachdem die Einschränkungen gelockert wurden, sank die Quote jedoch in den folgenden fünf Monaten wieder um fünf Prozentpunkte.
Die Analyse zeigt zudem, dass andere plausible Faktoren, wie die durchschnittliche Qualifikation der Arbeitskräfte oder auch die Qualität der Managementpraktiken (z. B. gute Personalplanung, Leistungskontrolle und Zielvorgaben), nicht systematisch mit den Auswirkungen staatlicher Einschränkungen auf die angebotenen Homeofficejobs zusammenhängen. Dies deutet darauf hin, dass das durchschnittliche Qualifikationsniveau und die Qualität des Managements in den hier untersuchten, meist einkommensstarken Ländern, kein Hindernis für die Arbeit von Zuhause darstellen.
Dr. Annina Hering, Ökonomin beim Indeed Hiring Lab, stellt fest:
„Es stimmt, dass der Homeoffice-Anteil der Lockerung der Beschränkungen nicht rückläufig ist. Das wirft wichtige Fragen auf. Erstens müssen Unternehmen sich Gedanken über die Aufnahme neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Verbreitung der Unternehmenskultur in einem hybriden Umfeld machen. Zweitens müssen in diesem Kontext die Verwaltung und die Unterstützung von Remote-Teams neu definiert werden, um Wissen optimal weiterzugeben. Und schließlich erfordert der anhaltende Homeofficetrend eine Änderung der Einstellungspraktiken.“
Gabriele Ciminelli, Wirtschaftswissenschaftler bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), fügt hinzu:
„Die politischen Entscheidungsträger müssen sicherstellen, dass das Potenzial von Homeoffice zur Steigerung der Produktivität und des Wohlbefindens der Arbeitnehmer allen zugutekommt. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, das richtige Gleichgewicht zwischen persönlichen Kontakten, die für das Engagement der Arbeitnehmer und die Anregung neuer Ideen entscheidend sein können, und virtuellen Kontakten, die Beruf und Familie miteinander vereinbaren lassen, zu finden. OECD-Umfragen zeigen, dass die Präferenzen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern beim Homeoffice auseinanderklaffen: Arbeitnehmer bevorzugen im Allgemeinen einen höheren Anteil an Homeoffice als Arbeitgeber. Um diese Lücke zu schließen, müssen sich die Führungskräfte anpassen und von einer Kultur des Präsentismus zu flexibleren Formen des Managements übergehen.“
Sämtliche Ergebnisse basieren auf Studie “Will it stay or will it go? Analysing developments in remote work during COVID-19 using online job postings data” von Pawel Adrjan, Gabriele Ciminelli, Alexandre Judes, Michael Koelle, Cyrille Schwellnus und Tara Sinclair.
Methodik
Die Homeoffice-Daten basieren Stellenanzeigen aus folgenden 20 OECD-Ländern: Australien, Österreich, Belgien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Irland, Israel, Italien, Japan, Luxemburg, Mexiko, den Niederlanden, Neuseeland, Polen, Spanien, Schweden, der Schweiz, Großbritannien und den USA. Die Einteilung der Berufsgruppen in niedrige, mittlere und hohe Homeoffice-Tauglichkeit basiert auf der von Dingel & Neiman (2020) entwickelten Klassifizierung von Arbeitsplätzen in homeofficefähig und nicht homeofficearbeitsfähig. Ein alternatives Maß kann unter Verwendung von Indeed-Daten zu Homeoffice-Stellenanzeigen nach Berufsgruppen im Jahr 2019 erstellt werden. Indeed identifiziert Stellenausschreibungen als offen für Homeoffice, wenn die Stellenbezeichnung oder -beschreibung Begriffe wie „Homeoffice“, „remote work“, „Arbeit von zu Hause aus“ oder ähnliche Begriffe enthält, oder wenn der Standort ausdrücklich als Homeoffice angegeben ist. Diese Stellenausschreibungen umfassen sowohl dauerhafte als auch zeitlich befristete Homeofficearbeitsplätze, wobei die Arbeitgeber dies oft nicht angeben. Während das auf Dingel und Neiman (2020) basierende Maß annähernd das Potenzial von Homeoffice erfasst, berücksichtigt das auf Indeed-Daten basierende Maß die tatsächlich veröffentlichten Homeoffice-Stellenanzeigen vor der Pandemie.
Quellen: Ideed, Photo by Roberto Nickson on Unsplash